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Dezember 2021

Kolumnen zwischen Buchdeckeln: „Immer schön langsam“ erscheint bald

Ein augenöffnendes Buch. Das im Benjaminschen Sinne Empathie und Emphase verbindet. Und die Elenden, Einsamen und Erniedrigten ebenso in den Blick nimmt wie den Himmel über Berlin und die „Minutenglücke“ seiner Bewohner. Auf solche glückhaften Momente versteht sich Barbara Weitzel wie kaum jemand sonst.

Mit „Immer schön langsam“ erweist sich Barbara Weitzel als ideelle Urenkelin des Flaneurs Franz Hessel. Der Untertitel seines Klassikers „Spazieren in Berlin“ (1929) – „ein Lehrbuch der Kunst, in Berlin spazieren zu gehen, ganz nah dem Zauber der Stadt, von dem sie selbst kaum weiß – könnte auch Barbara Weitzels Buch zieren. 

Woooosh. Das erste Zitat entstammt der Feder von Ilma Rakusa, die ich so verehre und letztes Jahr, wenige Wochen bevor die Welt eine andere wurde, bei einer Tasse Tee kennenlernen durfte. Als klar war, dass meine Montagskolumnen als Buch erscheinen, habe ich mir einen Schubs gegeben und diese vielbeschäftige Autorin und Übersetzerin gefragt, ob sie mir ein Vorwort schreiben würde. Ich hatte wenig Hoffnung – doch sie hat es getan. Ich kann es immer noch nicht glauben, welch wertschätzende und warmherzige Worte sie für meinen Schreiben findet. Selbst jetzt, da ein Ausschnitt des Textes die Frühjahrsvorschau des Quintus-Verlages ziert, meine ich zu träumen beim Lesen.

Neue Wege

Walter Benjamin. Und jetzt auch noch Franz Hessel. An den dachte Andrè Förster, mein famoser Verleger, schon laut, als wir in den Räumen des Verlages über die Gestaltung des Buches sprachen. Da wurde mir ein bisschen schwindlig. Ein großer Name. Kann ich diesem Vergleich gerecht werden? Habe ich mich ängstlich gefragt. Doch die Antwort ist ganz leicht: Es ist kein Vergleich, kein Sich-messen. Sondern eine von Andrè ins Leben gerufene Verwandtschaft. Als Urenkelin von Franz Hessel muss ich ja nicht schreiben wie er. Nicht seinen Blick auf die Stadt übernehmen, die wir durchwandert (haben). Zumal sie ja nicht mehr dieselbe ist wie zu Hessels Zeiten.

Im neuen Jahr werde ich mal mit meinem Exemplar seines Buches ein paar darin beschriebene Wege ablaufen und schauen, was sich seitdem verändert hat. Vielleicht wird eine Kolumne daraus für die Berliner Zeitung, in der auch diese Texte alle zuerst abgedruckt waren.. Vielleicht mehrere. Sicher ist: Ich werde mich wohlfühlen in den Fußstapfen meines ideellen Uropas, und nein, sie sind nicht zu groß, denn ich trage ja meine eigenen Schuhe.

Ein ewig unfertiges Porträt

Nun gilt es, dem Titel Rechnung zu tragen und die Ungeduld zu bändigen, indem man der Vorfreude das Ruder überlässt. Die Tage bis Februar zu zählen, in dem ich das Buch dann endlich in den Händen halte, es hoffentlich in meinen Lieblingsbuchhandlungen sehe, daraus vor Publikum lesen darf, diese Tage zu zählen, hieße sie geringzuschätzen. Sind es doch Tage voller Geschichten, welche die Stadt erzählt und die aufgeschrieben werden wollen. Tage voller Farben, die gerade, nicht nur wegen der Jahreszeit, so kräftigend und folglich so notwendig sind. Auch Ilma Rakusa erwähnt sie, wenn sie über „Immer schön langsam“ schreibt, das Buch sei …

… ein buntes Kaleidoskop, das mehr ist als nur ein Berlin-Porträt. Es enthüllt auch die Konturen der Autorin, ihrer weltoffenen Subjektivität, ihrer sozialen und ästhetischen Sensibilität – und ihrer sprachlichen Kunst. Fein, poetisch, beweglich ist diese Sprache, wo nötig auch dezidiert.

Ich werde also weitermalen an diesem Porträt, das nie fertig sein wird. Und kann den Februar 2022 dennoch kaum erwarten. Übrigens kann man das Buch jetzt schon bestellen. Beim Quintus-Verlag (LINK) und in jeder Buchhandlung. Der vollständige Titel auf dem schönen Cover von Kornelius Wilkens lautet:

Immer schön langsam – Unterwegs in der Stadt. – Quintus Verlag 2022, ISBN: 978-3-96982-043-8, Klappenbroschur, 180 Seiten, 15 Euro

2 Antworten zu “Kolumnen zwischen Buchdeckeln: „Immer schön langsam“ erscheint bald”

  1. Mir fällt da noch ein weiterer Name ein, wenn ich Deine Kolumnen lese, Alfred Kerr, der die seinen „Plauderbriefe“ genannt hat. In Buchform sind diese zu fast 3.000 Seiten zusammengefasst. Da könnte dann auch von Dir noch einiges zu erwarten sein! Ich bin gespannt auf diesen Anfang, dem ja bekanntlich ein Zauber innewohnt.

    • Barbara Weitzel sagt:

      Lieber Wolfgang, lieben Dank für einen weiteren großen Namen und die Empfehlung. Mich juckt es in den Fingern, die Bände zu bestellen. Fürchte nur, ich komme dann vor lauter Lesen nicht mehr zum Schreiben. Das RuB biegt sich ja ohnehin schon. Andererseits: Was sein muss muss sein, nicht wahr? Liebe Grüße aus Berlin, Barbara

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