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Geburt und Freude in dunkler Zeit: „Immer schön langsam“ ist da
Noch ein Buch über Berlin, als ob es nicht schon genug gäbe. Doch dieses ist ein besonderes. Seine Kennzeichen: Genauigkeit und Zärtlichkeit. Ja, Barbara Weitzel behandelt die Stadt, als ob es um einen Körper ginge: einen Körper mit Altersflecken und Wunden, aber auch mit einem Überschuss an Hormonen, einen ewig pulsierenden Körper, der es nur dank dreier Herzen geschafft hat, die Infarkte der Geschichte zu überleben. Ilma Rakusa
Die Infarkte der Geschichte. Bis vor wenigen Tagen dachten wir, von Infarkten dieses Ausmaßes reden wir für immer nur in der Vergangenheitsform. Zumindest in Europa. Und jetzt?
WeiterlesenKolumnen zwischen Buchdeckeln: „Immer schön langsam“ erscheint bald
Ein augenöffnendes Buch. Das im Benjaminschen Sinne Empathie und Emphase verbindet. Und die Elenden, Einsamen und Erniedrigten ebenso in den Blick nimmt wie den Himmel über Berlin und die „Minutenglücke“ seiner Bewohner. Auf solche glückhaften Momente versteht sich Barbara Weitzel wie kaum jemand sonst.
Mit „Immer schön langsam“ erweist sich Barbara Weitzel als ideelle Urenkelin des Flaneurs Franz Hessel. Der Untertitel seines Klassikers „Spazieren in Berlin“ (1929) – „ein Lehrbuch der Kunst, in Berlin spazieren zu gehen, ganz nah dem Zauber der Stadt, von dem sie selbst kaum weiß – könnte auch Barbara Weitzels Buch zieren.
Woooosh.
WeiterlesenDie Kraft der Fäden zwischen Leben und Lektüre: I Get A Bird
Die Gedanken werden klarer, wenn man sie für jemanden formuliert. Auch kleine Gedanken finden Raum. Die unwichtigen. Ach. Was sind überhaupt wichtige Gedanken?
Wir kommen mit allem zurecht, außer mit der Ohnmacht.
Wie schreiben über ein Buch, das einen sprachlos macht? Seit zwei Wochen liegt „I Get A Bird“ auf meinem Schreibtisch und ich umkreise es wie ein gefährliches Tier. Gefährlich im Sinne von überwältigend, erschöpfend, einen verändernd. Auch während der Lektüre gab es diese Momente. In denen ich mich nicht getraut habe, es zur Hand zu nehmen und aufzuschlagen. Dünnhäutige Momente, Momente, in denen ich mich seiner Wucht nicht gewachsen fühlte.
WeiterlesenGeboren im Trotzdem: Das Schweigen der Zypressen
Fest stand: Der Maler brauchte Hoffnung. Der Maler wusste, dass auch andere da draußen lechzten. Er wusste: Die Hoffnung stirbt immer zuerst. Leise. Also pflanzte der Maler einen Baum.
Diese Sätze stammen aus der ersten Passage des Buches „Das Schweigen der Zypressen“. Es ist in einer Zeit entstanden, in der die Hoffnung viele Male gestorben und wieder auferstanden ist, nicht nur bei mir und Kornelius Wilkens. Viele Hoffnungen wurden ganz aufgegeben, andere wurden geboren, Hoffnungen, von denen wir uns im Traum nicht hätten vorstellen können dass wir sie einmal hegen würden. Wieder ins Café gehen. Gäste empfangen. Einander berühren. Zusammen über einer Idee brüten, zum Beispiel einem neuen Buch.
WeiterlesenLass das Suchen, sie finden Dich. Vom Bücherkaufen
Als der Zug um 10:46 aus dem Bahnhof hinausfuhr, hielt sie den Kopf gesenkt vor Scham, dass die Stadt, die fast zehn Jahre lang ihr Wohnort gewesen war, keine Buchhandlung gewollt hatte. Penelope Fitzgerald, Die Buchhandlung
Ein Satz, den man mehrmals lesen muss. Zumindest mir ging es so. Eine Stadt will keine Buchhandlung. Abgesehen vom traurigen Schicksals der Hauptfigur Florence, die so gekämpft hat und doch aufgeben muss, ist diese Tatsache doch das Erschütterndste. Und machen diesen letzten Satz zu einem der traurigsten, die man je gelesen hat.
WeiterlesenVerwoben: Von Lebensbüchern und magischen Momenten
„Und Ulrich bemerkte nun, daß ihm dieses primitiv Epische abhanden gekommen sei, woran das private Leben noch festhält, obgleich öffentlich alles schon unerzählerisch geworden ist und nicht einem „Faden“ mehr folgt, sondern sich in einer unendlich verwobenen Fläche ausbreitet.“ – Robert Musil, MoE
Es ist wohl kein Zufall, dass das Kind seine ersten Schritte auf der unendlich verwobenen Fläche in dieser Zeit der Stille und des Stillstands getan hat.
WeiterlesenHauchzarter Stoff oder: Der Zukunfts-Soli
Ein paar Worte vorab. Ich bin mir der unendlichen Not, in die das Virus die allermeisten Menschen stößt, bewusst. Jeden Tag, jede Stunde. Habe selber schon tiefe Täler durchschritten und manchmal war’s knapp. Weitere werden folgen. Aber. Ich kann und will mich nicht beugen. Will nicht mehr weinen und fluchen. Will Kräfte freisetzen. Meine und die anderer. Daraus resultiert dieser Text.
WeiterlesenWorte suchen und finden in der Sprachlosigkeit: Moria
Lass uns den Globus mit Frieden fluten
mit Demut, Licht und stillem Tanz.
Lass es uns aufhalten, das große Verbluten
gemeinsam und vor allem ganz.
Das Schreien der Kinder durchschneidet die Nacht
könnt Ihr sie hören? Ich schon.
…
Was für ein seltsames Jahr. Was war. Was bleibt. Was kommt.
Was heißt schon unscheinbar, wenn man genau hinschaut.
Ein augenöffnendes Buch. Das im Benjaminschen Sinne Empathie und Emphase verbindet. – Ilma Rakusa über „Farbe: Stadt“
Wo fange ich nur an? Es ist soviel passiert – und so vieles nicht. Blogbeiträge zum Beispiel sind nicht passiert.
WeiterlesenVon Gewalt und Kraft: Ich weiß, warum der gefangene Vogel singt
Die Verbindung von Zärtlichkeit und Strenge ist eine unschlagbare Kombination. Wie Not und Intelligenz, die nicht durch formale Bildung geschliffen ist. (Maya Angelou: Ich weiß, warum der gefangene Vogel singt)
Eine gute Freundin und ich, wir haben am selben Tag Geburtstag, schenken einander seit rund 15 Jahren jedes Jahr ein Buch. Und beweisen Jahr für Jahr, dass man auch Vielleserinnen noch überraschen kann.
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